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Politik und Technik aus München - Pazifistisch
mit dem Fahrrad (Peace, cycling and more)

Das schwierige Erinnern

Sonntag, 8.5.2005    

8. Mai - jetzt doch hier auch was dazu. Eher zufällig bekam ich die Sendung heute bei Bayern 2 Radio mit und bin beeindruckt.

Ergänzung: Inzwischen hab ich auf E-Mail-Nachfrage tatsächlich das Manuskript der Sendung bekommen - sympatischer Service beim BR! Die weitere Veröffentlichung bleibt denen natürlichselbst vorbehalten, mal sehen ob ich noch mehr dazu machen kann.

Ich vermute, daß der Inhalt dieses Links sich laufend ändert, deshalb zitiere ich aus der dortigen Programmbeschreibung. Es gibt aber nur einen unzureichenden Eindruck von der tatsächlichen Brisanz.

Beispiel (nur ungefähr aus dem Gedächtnis), Dialog zu den Gebirgsjägern in Mittenwald Griechenland: "Die Partisanen haben unsere Soldaten umgebracht" - "Wieso waren die Soldaten überhaupt dort" - "Na, so wie heute halt auch"

Aus der Programmankündigung "Das schwierige Erinnern":

Warum die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und das Gedenken an seine Opfer mancherorts immer noch so schwer fällt - Von Thies Marsen
 
60 Jahre sind seit dem Ende des Dritten Reiches vergangen, die meisten Zeitzeugen sind längst tot – Opfer wie Täter. Trotzdem scheint die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus und seine Opfer weiterhin schwierig und schmerzhaft zu sein. Das zeigt sich nicht nur bei der Auseinandersetzungen um die vermeintlich „großen“ Gedenkprojekte, wie etwa dem Holocaust-Mahnmal in Berlin oder der Umgestaltung der KZ-Gedenkstätte Dachau, sondern auch im Kleinen.
 
Zum Beispiel wenn es in Dörfern und Städten darum geht, Straßen oder Kasernen, deren Namensgeber Nazis waren, umzubenennen. Oder wenn eine Schule nach einem Widerstandskämpfer benannt werden soll. Oder wenn ein lokales Denkmal für Opfer des Nationalsozialismus errichtet werden soll. Obwohl die Ablehnung des Nationalsozialismus längst Allgemeingut sein sollte und auch in der Verfassung festgeschrieben ist, scheitern solche Projekte regelmäßig am Widerstand von Anliegern oder Lokalpolitikern. Warum? Die Sendung beleuchtet einige ausgewählte Fälle, lässt die Beteiligten zu Wort kommen und zeigt die die Hintergründe und Motive der Akteure auf:
 
Zum Beispiel den Streit um das Gymnasium von Berchtesgaden, das nun doch nicht nach einem Widerstandskämpfer benannt wird, ebenso wenig wie die Schule im niederbayerischen Ergoldsbach. Zum Beispiel die Auseinandersetzungen im Garnisonsort Mittenwald, wo es seit Jahren Streit um die alljährliche Gedenkfeier der Gebirgsjäger gibt, die im Zweiten Weltkrieg an zahlreichen Kriegsverbrechen beteiligt waren. Die Mittenwalder Kaserne war zudem bis vor wenigen Jahren nach einem Nazi-General benannt. Zum Beispiel Bad Windsheim, wo sich an einem Ehrenmal regelmäßig Waffen-SS-Veteranen und Neonazis treffen. Zum Beispiel Kempten, wo bis vor kurzem eine Straße nach dem NS-Sportfunktionär Carl Diem benannt war.
 
Darüber hinaus gibt es in Bayern zahlreiche Kommunen, die Adolf Hitler bis heute die Ehrenbürgerschaft nicht aberkannt haben – zum Beispiel Lindau oder Ansbach. In der Reihe ZEIT FÜR BAYERN beschäftigt sich Thies Marsen mit der Frage, warum das Gedenken an den Nationalsozalismus und seine Opfer mancherorts immer noch so schwer fällt“.

An der Sporthochschule in Kö

An der Sporthochschule in Köln gibt es auch noch eine Strasse, die nach Carl Diem benannt ist. Initiativen zur Umbenennung gab es schon einige, aber meistens scheitert das dann an lokalpolitischem Hickhack ("der Vorschlag kommt von den Grünen, das lehnen wir ab!" oder so). Ziemlich schäbig.

Bei diesem Namen

... haben die Kemptener getrickst: die Umbenennung erfolgte in Karl Diem, ein ehemaliger Kommunalpolitiker, also möglichst unauffällig.

Zum gleichen Themenkreis gab es in diesem Jahr auch ein Interview mit Jakob Knab bei German Policy, wie ich jetzt erst sah. Jakob Knab hat mit viel Durchhaltevermögen manchen Militärs ihre Tradition versalzen. Auch lesenswert.